Wieso der Euroraum in einer massiven Krise steckt und was das mit der Rente zu tun hat

Finanzen S

 

Ist es nicht sehr überraschend, dass der 750 Mrd. Euro-Deal ausgerechnet von einer CDU Kanzlerin ins Leben gerufen wurde? Natürlich hat es auch aus Frankreich viele Hilferufe und Aufforderungen nach Deutschland gegeben. Der französische Staatspräsident Macron und der italienische Ministerpräsident Conte waren sich schnell einig, dass das reiche Deutschland zur Rettung kommen muss. Verwundert reibt man sich die Augen, dass ausgerechnet eine CDU Kanzlerin, auch wenn Deutschland gerade die EU-Ratspräsidentschaft innen hat, dieses Paket auf den Weg gebracht hat.

Hätten wir das nicht eher von einem grün-rot-roten Bündnis erwartet? Kanzlerin Merkel ist eines ganz klar, hilft Deutschland nicht, ist Italien Ende 2020 zahlungsunfähig und damit der ganze Euro in Gefahr. Denn Italien ist nicht Griechenland, sondern die drittgrößte Industrienation in Europa. Da kann dann auch keine europäische Zentralbank mehr helfen. Es verwundert also nicht, dass die Kohl´sche Europapartei an diesem Debakel am Ende
nicht als Schuldiger dastehen möchte.

So manches CDU-Mitglied würde in den aktuellen Tagen lieber das Heft des Handelns dem österreichischen Kanzler Kurz in Berlin überlassen. Auch die Niederländer konnten sich dem Wunsch des deutsch-französischen Paketes erst nach heftigen Veränderungen anschließen. Am Ende müssen wir, die Deutschen, uns bei den beiden kleinen Länder bedanken.

Aber zurück zu UNSEREN Politikern. Aus der SPD hörte man in den letzten Wochen vermehrt die Aussage, man müsse sich solidarisch mit den südlichen Ländern zeigen. Auch hier fragt man sich langsam, ob die SPD überhaupt noch weiß, wer sie eigentlich wählt. Es sind nämlich die Menschen, die wegen der Arbeitsreformen unter dem damaligen Kanzler Schröder heute bis 67 Jahren arbeiten müssen. Gehen diese Bürger früher in Rente, müssen sie empfindliche Einbußen hinnehmen.

Liebe SPD, jetzt erklären Sie doch bitte mal Ihren Wählern, wieso die spanischen, italienischen und griechischen Rentner über 10 Jahre früher in den Genuss des Ruhestandes kommen! Empfinden Sie es wirklich als solidarisch, dass sie Ihren Wählern zumuten länger zu arbeiten und dafür die Steuergelder der Arbeiterschaft in Länder pumpen, die in keiner Weise bereit sind, die nötigen Strukturreformen durchzuführen?

Ich empfinde das als höchst unsozial, wenn nicht sogar asozial. Aber das dürften viele SPD-Wähler genauso sehen, deshalb steht die SPD auch da, wo sie steht und aus diesem Grund ist die SPD mittlerweile keine Volkspartei mehr und dümpelt bei 15 Prozent vor sich her. Da wirkt die Benennung eines eigenen Kanzlerkandidaten schon fast grotesk.

Das Dilemma dabei ist, dass es in Frankreich keineswegs besser aussieht. Emanuel Macron musste seine ganzen Reformen am Ende wieder zurücknehmen, kippte der doch unten dem Druck der Gelbwesten komplett um. Lieber Herr Macron, ist es anständig mit einem fremden Präsidenten, Gelder von wiederum fremden Ländern großzügig zu verplanen, obwohl man selbst komplett unfähig ist, Veränderungen herbeizuführen? Auch Frankreich muss sich langsam den Vorwurf gefallen lassen, am Ende reformunfähig zu sein.

Ist man unsolidarisch, wenn man die Transfergelder kritisiert? Klares nein!
Fakt ist: Durch die Zinssenkungen der europäischen Zentralbank seit 2008 wurden vor allem die Refinanzierungskosten der südlichen Länder stark verbilligt. Der deutsche Staat profitiert davon auch, weil wir Minuszinsen zahlen. Das heißt, dass wir noch Geld bekommen, wenn wir Geld aufnehmen. Klingt zunächst gut, aber hier ist jetzt eine genaue Unterscheidung zu machen: profitieren wird nur der deutsche Staat. Die Bürger jedoch haben durch die Minuszinspolitik erhebliche Einbußen! Sparer werden um ihre Ersparnisse gebracht und so mancher Rentner, der sein Geld gut angelegt glaubte, steht jetzt vor dem Aus.
Lebensversicherer, Rentenkassen und Pensionsfonds erwirtschaften immer weniger Geld bei ihren Anlagen. Das werden wir jedoch erst in vielen Jahren bemerken, deshalb rührt sich aktuell hier auch kein Widerstand. Wenn Sie im Rentenalter sind, werden Sie wissen, wie solidarisch Sie damals mit den südlichen Ländern waren, wenn Sie nämlich merken, dass Ihre Rente deutlich kleiner ausfallen wird, als einst gedacht.
Jeder merkt es auch aktuell im Urlaub. Bekommt man aktuell für den Euro doch deutlich weniger einheimische Währung wie früher. Da die USA mit ähnlichen Problemen kämpfen, fällt der schwache Euro zum US-Dollar im Wechselkurs nicht auf. Im Grunde stützen sich hier aber zwei Kranke gegenseitig.

Wenn Sie aktuell zu Ihrer Bank gehen, werden Sie vielleicht noch 0,10 % auf Ihrem Tagesgeldkonto erhalten. Rentenpapiere sind unter Berücksichtigung der Kosten, und auch des Risikos, mittlerweile fast uninteressant. Bleiben also nur noch Aktien, Gold oder unternehmerische Beteiligungen. Wundern Sie sich also bitte nicht, wenn Ihr Banker Sie bei Ihrem nächsten Besuch darauf anspricht, dass Sie Ihre Aktienquote erhöhen müssten bzw. ob Sie kein Interesse haben sich an einem Einkaufszentrum oder Bürogebäudekomplex zu beteiligen. Viele Produkte bleiben beim Anlegen zur Zeit nicht mehr übrig.

Und hier ist das nächste Dilemma: die EZB hat wegen den südlichen Länder das Geschäftsmodell der Banken abgeschafft. Früher bekam der Bürger beim Einzahlen auf das Sparkonto eine Zinsgutschrift. Wollte man Bauen oder anderweitig finanzieren, zahlte man einen Kreditzins. Wer heute baut, bekommt für 20 Jahre einen Zins von um die 1%. Auf der Anlageseite, wie erwähnt, so gut wie nichts. Wie sollen die europäischen Banken so noch vernünftig wirtschaften?

2008 arbeiten noch rund 675.000 Menschen im Kreditgewerbe. 2018 liegen wir nur noch bei rund 571.000. Tendenz stark fallend. Wundern wir uns also wirklich, wenn Sparkassen und Co. ihre Filialen schließen müssen? Ist es doch am Ende die einzige Möglichkeit durch Personalkürzungen und Abbau von Mietkosten die Kosten zu drücken. Auf der Einnahmeseite bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten. Und glauben Sie bitte nicht, dass durch Preiserhöhungen des Girokontos die Banken reich werden.
Wenn eine Commerzbank 200 Filialen, die durch die Coronapandemie geschlossen waren, nicht mehr öffnet, dann geht es hier ums nackte Überleben. Und es trifft alle Banken! Auch hier stellt sich die Frage an unsere Politiker und Gewerkschaften, ist es wirklich solidarisch, wenn alleine in Deutschland über eine halbe Millionen Menschen im Kreditgewerbe arbeiten, diesen Abbau hinzunehmen, nur weil Spanien, Italien, Griechenland und Frankreich keine Reformen durchführen wollen?

„Deutschland ist ein reiches Land!” Wenn man etwas lange genug wiederholt, glauben es am Ende wirklich alle. In einer Zeit, in der der Reichtum eines Landes in der Höhe seiner Schulden bemessen wird, ist diese Äußerung eine echte „Fake-Nachricht“, nur es redet keiner darüber. Wieso nicht? Weil im Staatenverbund Europa niemand den Anderen zu etwas zwingen kann. Im Gegenteil: Will einer nicht mitmachen – liebe Grüße an Viktor Orbán nach Ungarn – kann er sogar alles blockieren und nichts bewegt sich.

Nun, wir haben sehr große Vermögenswerte unter der Bevölkerung in Europa. Auch hier muss man wieder sehr genau unterscheiden zwischen der Bevölkerung und dem Staat. Das Research der Credit Swiss veröffentlicht den renommierten „Global Wealt Report“. Er zeigt auf, wie arm die Deutschen wirklich sind. Von den EU Ländern liegt nur Portugal hinter Deutschland. Die meisten EU Bürger besitzen doppelt so viel Vermögen wie die Deutschen!
Nimmt man10 Personen, von denen 9 arm sind und einer ist superreich, dann sind im Durchschnitt alle 10 reich. Wir alle wissen, dass die oben genannte Gleichung realitätsfern ist.

Fakt ist, dass das geldwerte Vermögen der deutschen Erwachsenen bei 47.000 USD liegt. In Griechenland liegen wir da schon bei 55.000 USD. Die Niederländer bei 94.000 USD, die Dänen bei 87.000 USD, die Belgier bei 168.000 USD. Erstaunlich ist vor allem, dass die Franzosen (120.000 USD) und die Italiener (125.000 USD) mehr als doppelt so reich sind wie wir. In Lichtenstein liegen wir bei 168.000 USD und in der Schweiz gar bei 229.000 USD. Wo ist Deutschland denn nun reich? Die Deutschen sind es jedenfalls nicht!

Ich will hier nicht verschweigen, dass das Thema anders aussehen würde, wenn man das Jahreseinkommen betrachten würde. Es lässt sich jedoch nicht wegdiskutieren, dass sich die europäischen Regierungschefs fragen lassen müssen, wieso sie nicht in der Lage sind, durch eine vernünftige Steuer- und Abgabenpolitik, den Staat in eine bessere Ausgangslage zu bringen, als er aktuell in vielen Staaten ist. Man könnte auch populistisch sagen: Nur weil die Deutschen nicht auf die Straße gehen und alle brav ihre Steuern zahlen, geht es dem Staat gut und den Bürgern etwas weniger gut. Liebe Politiker, wenn Sie also beim nächsten Mal das Wort solidarisch in den Mund nehmen, dann müssten Sie eigentlich rot anlaufen. Deutschland zahlt genug, Deutschland macht genug.

Ich erwarte von unseren Politikern, dass sie in Europa für eine einheitliche Steuer- aber auch Sozialpolitik sorgen, dass Ungerechtigkeiten abschafft und alle Bürgerinnen und Bürger in Europa gleich behandelt werden, aber auch gleiche Abgaben und Steuern zahlen müssen. Ebenso wünsche ich mir einen Staatenverbund, der auch in der Lage ist Druck auf die auszuüben, die einfach nicht wollen. Den Euro darf es nicht zum „Nulltarif“ geben. Wer mitmachen will, muss sich auch an allem beteiligen. Wer lieber seine eigene Suppe kochen möchte, soll die Herausforderungen der Globalisierung eben alleine annehmen und den Euroraum verlassen.

Seit 12 Jahren subventionieren wir Italien und Co. Spätestens nach der jetzigen Finanzspritze muss Schluss sein. Macht bitte endlich Eure Hausaufgaben oder verlasst den Euro. So kann Europa nicht funktionieren und ich gewinne auch immer mehr den Eindruck, dass die Menschen ein solches unfaires Europa auch nicht mehr wollen. Da nützen dann auch offene Grenzen nichts mehr.

Und dann wäre da noch die Sache mit dem DAX: Qualität, oder mehr Schein als sein?
Die Deutsche Börse hat mit Ihren Auswahlkriterien wann ein Unternehmen in den DAX aufsteigen darf oder nicht, wirklich kein glückliches Händchen bewiesen. Dass Wirecard nach der Insolvenz überhaupt noch solange in diesem Qualitätsindex gelistet wurde, ist der blanke Hohn. Es ist ebenfalls sehr verwunderlich, dass man nach vielen Berichten von ausländischen Medien nicht bereit war, genauer hinzusehen was sich bei Wirecard ereignet. Auch dabei hat sich die Deutsche Börse keinen Orden verdient. Fairerweise muss man hier aber natürlich auch die Wirtschaftsprüfer und Steuerberater hinterfragen. Wenn sich die Kreditwirtschaft nicht mehr auf eine Bilanz verlassen kann, gehört der gesamte Berufszweig abgeschafft und verstaatlicht. Die Damen und Herren, die die Bilanz von Wirecard abgezeichnet haben, sollten daher empfindliche Strafen erhalten dafür, dass sie Ihren Job so lausig gemacht haben!
Der Nachfolger von Wirecard soll „Delivery Hero” sein. Hierzulande bekannt mit dem Pizza & Co. Lieferservice Lieferando.de. Aus meiner Sicht passiert hier aber schon wieder der nächste Fehler: Die Rangfolge des DAX bemisst sich anhand der Marktkapitalisierung. „Delivery Hero” wird also nur aufsteigen in den DAX, weil das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von 7,5 MRD Euro aufweist. Fakt ist aber auch, dass „Delivery Hero” bisher nur rote Zahlen geschrieben hat. Kann das so richtig sein?

Schauen wir über den großen Teich: Der Elektroautobauer Tesla wird aktuell an den Börsen gefeiert wie kein anderer Autohersteller. Tesla ist heute mehr Wert als VW, Daimler und BMW zusammen. Trotzdem werden sie Tesla in keinem Index finden. Die Einstiegkriterien in den USA sind deutlich andere wie bei uns. Tesla könnte jetzt erstmals in den S&P500 aufsteigen. Wieso? Weil ein Unternehmen mindestens vier Quartale hintereinander schwarze Zahlen schreiben muss. Das ist Tesla aktuell erstmals gelungen.

Wieso gilt sowas nicht auch für den Qualitätsindex DAX? Aus meiner Sicht ist hier das nächste Drama vorprogrammiert. Die Deutsche Börse verspielt mit solchen fahrlässigen Handlungen das Vertrauen der Anleger und beweist erneut, dass man nichts dazugelernt hat.

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund!
Wilfried Trübner

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