Unternehmer aus Leidenschaft - Künstler aus Passion Manfred Fuchs

 

Manfred Fuchs ist 1939 in Mannheim geboren, feierte also im vergangenen Jahr seinen 80. Geburtstag. Nach dem Gymnasium studierte er an der Universität Mannheim von 1958 bis 1962 Betriebswirtschaftslehre, wo er 1966 promovierte. Die Unternehmerlaufbahn schlug Manfred Fuchs 1963 nach dem frühen Tod seines Vaters und Firmengründers ein. Statt eines Kunststudiums und einer Künstlerlaufbahn, machte Fuchs aus FUCHS PETROLUB den größten konzernfreien Schmierstoffhersteller der Welt sowie ein seit 1985 börsennotiertes Familienunternehmen. Manfred Fuchs wechselte 2004 in den Aufsichtsrat über, dem er bis 2017 angehörte. Neben seinem beruflichen Wirken hat sich Manfred Fuchs seit seiner Schul- und Studienzeit immer mit Malerei und Bildhauerei beschäftigt. Er besuchte vor seinem Studium die Bildhauer-Klasse der Mannheimer Akademie und lernte dort unter Gerd Dehof. Später besuchte er zeitweise die Malschule Rödel in Mannheim.

Manfred Fuchs´ erste malerische Arbeiten sind von 1955 überliefert. Mit 16 Jahren streift er durch Mannheim und die weitere Umgebung, erprobt sein Talent, überrascht und beeindruckt mit frühen Arbeiten bereits durch Sicherheit in Form und Farbe. Verschiedene Einflüsse lassen sich in diesen Bildern konstatieren. Die Malerei der Jahrhundertwende, insbesondere der deutsche Impressionismus, die Bildwelten von Xaver Fuhr und der deutsche Expressionismus haben ihn genauso beeinflusst wie die Malerei des Kubismus, auch Delaunay und Cézanne. Weniger erstaunlich ist die Vielfalt künstlerischer Strategien, die er in seiner Malerei erprobt, als vielmehr die Stringenz, die die Bilder als aus einem Guss erscheinen lassen. Erhellend sind hier die beiden Stilleben, das erste von 1955, noch ganz im Geiste des späten 19. Jahrhunderts gegeben mit einem Holztisch über Eck als Frontalansicht, darauf eine schwarz-weiße Decke, malerisch drapiert, mit Äpfeln, einer Glaskaraffe und einer Bierflasche. Der Hintergrund ist unbestimmt, eine Zimmerecke angedeutet, Schattenwürfe auf der Wand, ganz in Braun- und Ockertönen gehalten. Eine große Lebendigkeit zeichnet diese Arbeit aus, Bewegung, Licht und Schatten lassen die Szenerie aufleben. Dann ein weiteres Stilleben, diesmal von 1957. Wiederum ein angedeuteter Tisch, darauf ein weißes Tuch, eine Karaffe, eine Schale mit Äpfeln und Birnen. Die Form der Dinge, die 1955 noch klar erkennbar war, tritt nun zurück zugunsten einer expressiven Form, die flüchtig zu sein scheint, aus verschiedenen Perspektiven gedeutet und viel stärker in den Umraum eingebunden. Deutlich vom Kubismus und Expressionismus beeinflusst, wird in diesem Bild eine abstrahierte Welt entworfen, die der reinen Form nicht mehr allein vertraut. Beinahe durchscheinend, werden die dargestellten Objekte Teil des Raumes, verschmelzen mit ihm. Das Schwetzinger Schloss, der Neckar bei Seckenheim, Heidelberg, aber auch Rom und der Tiber erregen sein malerisches Interesse. Klare Formen bestimmen viele der Bilder, werden wie in einem Puzzle neben- und übereinander gesetzt, die Landschaft wie in einem Prisma zerlegt. Dabei ist die Lichtführung immer zentral wichtig, werden hellere Partien gezielt dazu eingesetzt in einer Palette, die ansonsten eher Ton in Ton arbeitet. 

Grün- und Brauntöne beherrschen die Fläche, dazu wenig Blau, Rot, Weiß und Gelb. Wenige Farbschwünge beherrschen die Kompositionen, lassen ein harmonisch gerundetes Bild der dargestellten Landschaft entstehen. Beinahe gänzlich aufgelöst in geometrische Formen präsentiert sich die Arbeit „Konkordienkirche Mannheim“ von 1956. Aufstrebend, durch Diagonalen betont, entwickelt sich die Darstellung von unten nach oben, verbindet verschiedene Elemente der Architektur in Blautönen und vermittelt so ein zwar fragmentiertes, jedoch umfassendes Bild der Kirche im Sonnenlicht. „Apokalypse“ von 1958 (überarbeitet 2010) verbildlicht eine Atomexplosion im Zentrum der Darstellung mit umherwirbelnden Fragmenten, die das Bild überfluten. 1958 diskutierte der Bundestag, die Bundeswehr atomar zu bewaffnen, eine Auseinandersetzung, die die Menschen bewegte. Trotz seiner ästhetisch-dynamischen Form vermittelt das Bild eindrucksvoll die Bedrohung und nachfolgende Katastrophe einer solchen Waffe. Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre wird die Malerei in aller Ernsthaftigkeit von Fuchs wieder aufgenommen. Palette und Duktus haben sich allerdings verändert. Die Farbigkeit ist kräftiger geworden, aber noch immer liegen Gesehenes und Abstraktion im Widerstreit. 

Besonders deutlich wird dies in den beiden Bildern „Cap Nègre“ von 1979 und „Griechische Felsenküste“ von 1982. Auf dem ersteren wird der Blick über das Kap an der Côte d´Azur über ein kleines Städtchen mit weißen Häusern und ziegelroten Dächern hinweg aufs Meer hinausgeführt. Blautöne in allen Schattierungen beherrschen das Bild, ergänzt durch sparsames Braun. Die Landschaft ist deutlich erkennbar. Im zweiten Bild ist die Palette in etwa gleichgeblieben, die Landschaft jedoch aufgelöst in facettierte Einzelformen, die wie Bakterien auf einem Objektträger nach einem Zusammenhalt suchen. In der Binnenform und in der Staffelung der Farbvaleurs ist die Küstenform durchaus erkennbar, sind Wasser und Himmel deutlich differenziert, erscheinen jedoch als fluktuierend und in der Gesamtheit des Bildes eher analytisch als tatsächlich abbildend. 

Nach wie vor bilden Landschaften einen deutlichen Fokus des malerischen Interesses von Manfred Fuchs. Die Erfahrung des Malens über eine lange Zeit hinweg jedoch hat zu einem Wandel bei der Behandlung des Gesehenen auf dem Papier bzw. auf der Leinwand geführt. Impressionen werden nun oft in einer beinahe kalligrafischen Form ins Bild gesetzt, der flüchtige Augenblick wird in ebenso flüchtiger Form verbildlicht, allerdings immer in konzentrierter Form, die die Essenz des Eindrucks einzufangen vermag.  In der Arbeit „Stadt am Meer“, 2018 beispielsweise, sieht man eine kantige Landschaft mit Meer und Himmel im Hintergrund mit angedeuteter Architektur. In beinahe kristallinen Formen türmen sich Farberuptionen übereinander, verschränken sich mit einem Gerüst aus schwarzem Kontur miteinander und lassen weiße Flecken als Bindegewebe sehen. Der Eindruck einer lichtdurchfluteten Landschaft prägt sich dem Betrachter unmittelbar ein. 

Farbe, Form und Licht bilden die Eckpunkte der Malerei von Manfred Fuchs. Darüber hinaus ist eine emotionale Komponente von zentraler Wichtigkeit. Der Eindruck des Ortes, festgehalten im Augenblick des Sehens und weiter entwickelt im Atelier mit dem Abstand der Erinnerung, die sich beim Malen verändert, ist natürlich ein ganz individueller. Mit scheinbarer Leichtigkeit, die sich der Erfahrung bedient, gestaltet der Maler ein Bild, das sich mit der Erinnerung, seiner Vorstellung und seinem Gestaltungswillen verbindet. Im Bild „Klippen der Insel Tory, West-Irland“, 2018, verleiht der schwarze Kontur den Farben Form und Struktur. Die schwarze Lineatur und die aquarellhaft aufgetragene Acrylfarbe formen gemeinsam im Auge des Betrachters Massen, die sich zum Rand hin auflösen. Umgekehrt bildet in „Nordland“, 2016, das Schwarz eine Andeutung von Massen, die das Weiß und die kalten Blauschattierungen erst formen. 

Im Laufe der Jahre ist die Palette von Manfred Fuchs weiter gewachsen, will heißen, sie bedient sich nun auch der vielfältigsten Materialien, die ihn zu inspirieren vermögen. Lack, Karton, Wellpappe, Jute, Schnur, alte Stühle – die Möglichkeiten sind unerschöpflich. Entscheidend ist dabei die Bildidee, die sich die verschiedensten Materialien untertan macht. Auch das Schleudern der Farbe und das Dripping haben schrittweise Einzug in sein Werk gehalten; damit sind auch Zufälligkeiten möglich geworden, die ihren Platz im Bild finden. Collagen bilden nun einen Teil des ouevres, erweitern die Gestaltungsmöglichkeiten der Malerei in eine weitere Richtung.  Auch die Formate sind variabel geworden, es finden sich immer wieder auch irreguläre Formate. Ebenso entstehen Reliefs und Plastiken, die den Raum besetzen. 

Der Experimentierfreude des Künstlers sind hier kaum Grenzen gesetzt. In der Malerei ist der Einfluss der Arbeiten von Emil Schumacher und des Informel spürbar, etwa in „geschnürt“, 2016 und „schwarz/rot“, 2019. Ein dichtes Geflecht von Lineaturen und Farbflächen bietet sich dem Betrachter dar, Farbe und Malgrund verbinden sich zu einem gestalterischen Ganzen. In den letzten Jahren ist ein unmittelbarer Eindruck, der zum Bild führt, immer deutlicher geworden. Emotionen und einer malerischen Spontaneität werden gewichtige Rollen im Bild zuerkannt und führen zu einer vom Gegenstand weiter befreiten Herangehensweise. Stimmungen, die in farblichen Entsprechungen zu Papier bzw. Leinwand gebracht werden, finden so zu einer spontanen Gestaltung als geistig-künstlerischer Gegenpart zur gesehenen und erlebten Natur. Gegenüber früheren Arbeiten finden jetzt nur noch malerische Kürzel, etwa für Architekturen, Verwendung, wird das Bild als Ganzes zum Ausdruck einer neuen malerischen Haltung. Kunst ist für Manfred Fuchs ein Lebenselixir, sie gestaltet Welten, die geistige Form zu Bildern verdichten. Sie lässt uns unsere Welt mit anderen Augen sehen, bezieht uns als Menschen jedoch immer damit ein und vermittelt darum vor allen Dingen auch Einsichten in uns selbst. 

Manfred Fuchs hat sein künstlerisches Werk konsequent entlang seiner Lebenslinie entwickelt, ist dabei immer neugierig und dem Neuen aufgeschlossen geblieben. Die Lust am Gestalten und am Experiment ist ein wesentlicher Teil seines Lebens, hat ihm jeweils neue Ausdrucksformen in seiner Kunst erschlossen. Dieser Weg ist noch immer im Werden.

 

Bericht: Martin Stather

Fotos: Thomas Henne

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